24.04.2004 Christoph Zschätzsch beendet seine aktive Karriere

Beruf und Spitzensport zu vereinen, das ist nicht drin. Aus diesem Grunde hat Deutschlands Top-Skater Christoph Zschätzsch während des internationalen Speedskating-Kriteriums in seiner Heimatstadt Groß-Gerau, 18 Jahre nach seinem ersten Start bei einem Rollschnelllauf-Wettkampf, seinen Rücktritt vom Spitzensport erklärt.

Sein Ziel war es stets, sich sportlich immer weiter zu steigern. Das ist angesichts der zeitlichen Anforderungen in seinem Beruf – er arbeitet seit 1.10.2003 in einer Bank in Frankfurt – nicht mehr möglich. Und da er keine halben Sachen liebt, wird er sich ganz auf seinen Beruf konzentrieren und in diesem Sinne Profi werden, Speedskating wird er höchstens noch als Hobby betreiben.

Christoph Zschätzsch war seit 1996 die unbestrittene Nummer Eins im deutschen Speedskating: Der Groß-Gerauer gewann zwar in 2003 „nur“ zwei deutsche Meistertitel, als „Chef“ des Zschätzsch-Brüder-Trios zählen aber auch für ihn nur die gemeinschaftlich errungenen Erfolge. „Mir ist es egal wer gewinnt, wenn er nur Zschätzsch heißt“, das war seine Maxime. Und die zahlte sich aus, denn Christoph errang zusammen mit seinen Brüdern Benjamin und Daniel seit 1998 mit absoluter Regelmäßigkeit jedes Jahr 7 deutsche Meistertitel, das sind 75 % aller deutschen Herren-Titel in diesem Zeitraum, und dazu kamen noch weitere38 Silber- und 24 Bronzemedaillen bei deutschen Titelkämpfen.

Christoph ist auch von der Geschwindigkeit her noch der schnellste deutsche Speedskater. Er hält die deutschen Rekorde über 5000, 15000 und 42195 m, und der Rekord über die 5-km-Distanz in 6:45,27 min, gelaufen bei der EM 2003 in Padua, bedeutet eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 44,4 km/h, damit ist das der „schnellste“ deutsche Rekord.

Mit dem Speedskating – damals hieß das noch Rollschnelllauf – fing Zschätzsch bereits Ende 1985 an, Anfang 1986 startete er schon bei den hessischen Meisterschaften der Schüler und wurde dort Zweiter hinter seinem Vereinskameraden Thorn Surakul. Seinen ersten Sieg errang er im belgischen Brugge Mitte 1986 in der dortigen „Pupillen“-Klasse.

Christoph setzte sich schon 1996, damals gerade mal 18 Jahre alt, mit drei Titeln und vier Silbermedaillen bei den nationalen Titelkämpfen an die Spitze in Deutschland. Er stand auch danach, teilweise im Wechsel mit seinem Bruder Benjamin, stets ganz vorn in den verschiedenen deutschen Spitzenwertungen: Erster in der Jever Blade Challenge 2003 und 2002, Erster in der damals noch inoffiziellen Deutschen Rangliste 2001, Zweiter im German Inline Cup 2001, Erster im German Inline Cup 2000, Erster in (inoffizieller) deutscher Speedskating-Rangliste 1999, Erster bzw. zweimal Zweiter im German Inline Speed Cup 1996, 1997 bzw. 1998. Insgesamt 28 Deutsche Meistertitel hat er seit 1995 gesammelt, seine Brüder Benjamin und Daniel bringen es auf 20 bzw. 10 Titel.

Auch in der Nationalmannschaft zeigte er Führungsqualitäten. Er war, zusammen mit den Groß-Gerauern Thorn Surakul und Benjamin Zschätzsch, der erste deutsche Junioren-Europameister, das war 1992 mit der Pisten-Staffel im portugiesischen Serpa, damals noch mit klassischen Rollschuhen. Er war auch der erste deutsche Junioren-Europameister auf Inline Skates, das war 1994 über die 3000-m-Distanz in Wiener Neustadt. Mit insgesamt 12 Junioren-EM-Medaillen, davon 3 Titel, ist er zusammen mit seinem Bruder Benjamin (der holte gar 13 Medaillen, aber „nur“ zwei Titel) auch der bisher beste deutsche Junioren-Läufer überhaupt.

Bei der EM erzielte er insgesamt 15 Medaillen, er war schon 1995 sowohl bei der EM als auch bei der WM dabei. Ein EM-Titel war ihm nicht vergönnt, er wurde aber immerhin sechs Mal Vize-Europameister. Bei der WM lief er stets knapp an den Medaillen vorbei, er wurde insgesamt fünf Mal WM-Vierter (2002: 15000-m-Punkte-/Ausscheidungsrennen Piste, 2001: 20000-m-Ausscheidungsrennen Straße, 2000: Doppelmarathon und 10000-m-Punkterennen Piste, 1999: 15000 m Punkte-/Ausscheidungsrennen Straße). Ein Jahr lang hielt er den Weltrekord über die 15000-m-Distanz, gelaufen bei der WM 1999 in Santiago/Chile im kombinierten Punkte-/Ausscheidungsrennen in 22:30,36 min., das entspricht exakt einem Schnitt von 40 km/h. Sein größter Erfolg war die Bronzemedaille im 20000-m-Ausscheidungsrennen bei den letzten World Games 2001 in Akita (Japan).

In 2003 war er in den großen Marathons fast immer der beste deutsche Läufer, was ihm im Oktober 2003 auch die Spitzenposition in der deutschen Rangliste einbrachte. Er konnte aus beruflichen Gründen schon nicht mehr an der WM in Venezuela teilnehmen, die ja ursprünglich im August in China stattfinden sollte und wegen der SARS-Epidemie verlegt wurde.

An den freien Wochenenden trainiert Christoph Zschätzsch immer noch mit den Speedskatern von Blau-Gelb Groß-Gerau, an Wochentagen geht da aber nichts mehr. Und andere Freizeitaktivitäten weiß er mittlerweile auch zu schätzen, die bisher der Disziplinierung als Kadersportler zum Opfer fielen. So bekam er zum Beispiel als Geburtstagsgeschenk ein Golf-Set …

Christoph Zschätzsch, 24.04.2004