18.-24.08.2005 WM und JWM in China – Erste Eindrücke

(werner schimek) Nachdem die Nominierungen der Junioren und der Aktiven nach den jeweiligen Europameisterschaften feststanden ging bei den meisten das Raten los. China, SuZhou: wo liegt das, was erwartet uns da sportlich. Aber auch Neugier auf Land, Leute und Kultur wurden wach.
Also her mit Informationen. Reiseführer, Internet und Freunde fragen.
Ganz kurz zusammengefasst. SuZhou ist eine moderne chinesische Stadt mit Tradition. Das Zentrum ist mehr als 2.500 Jahre alt. Die Stadt liegt in der Provinz Jiangsu mit der Hauptstadt Nanjing. Sie hat im Zentrum 1,1 Millionen Einwohner und derzeit 6 Satellitenstädte. Sie liegt am Kaiserkanal. Touristisch ist SuZou für seine chinesischen Gärten und sein ausgedehntes Kanalnetz, daher auch die Bezeichnung bei uns „Venedig des Ostens“ berühmt.
Auffallend sind die vielen Banken im Zentrum. Suzhou ist auch eine Stadt der Kontraste. Durch die starke Kaufkraft für die Bürger, die mit der entsprechenden Ausbildung auch Arbeit haben, gibt es auch sehr viele Arme. So findet man neben modernen Kaufhäusern, die westlich geprägte Waren anbieten, auch Leute, die ihren Lebensunterhalt auch dem Sammeln von Altpapier, Plastikabfall und dem Sammeln von Müll fristen.

Auch sportlich hat die Stadt etwas zu bieten. So kommt aus SuZhou ein Goldmedaillengewinner Chen Yanqing im Gewichtheben. Erfolgreiche Badmintonspieler, einer in China sehr populären Sportart, kommen aus SuZhou.
Bis zu den diesjährigen chinesischen Meisterschaften war das „ShuZhou Speed Roller Skating Team“ eher provinziell. In 2005 gewann diese Mannschaft jedoch 25 Titel (eingeschlossen das „Higway Racing“). Sie war der Top-Gewinner bei diesen Meisterschaften. Neben der Weltmeisterschaft im Inline Speedskating finden in diesem Jahr 23 weitere internationale Meisterschaften statt, wie z.B. Wasserski Weltcup, Asiatische Meisterschaften im Jugend-Frauenfußball, Nationale Handballmeisterschaften, usw. Soweit aus den „theoretischen“ Informationsquellen.

18./19. August 2005 
Am Donnerstag, 18.08.2005 startete um 19.15 Uhr mit leichter Verspätung ein Flugzeug von China Air mit der Nationalmannschaft der Aktiven und den Junioren vom Flughafen Frankfurt mit dem Ziel Shanghai.
Dabei sind bei den Aktiven:
Martin Matyk, Matthias Schwierz, Nico Wieduwilt der immer noch das Handgelenk in Gips hat und dessen Einsatz deswegen noch nicht als gesichert gilt.
Jana Gegener, Tina Strüver, Sandra Wieduwilt, Michaela Neuling
Trainer: Bill Begg
Bei den Junioren:
Dennis Dressel, Etienne Ramali, Michael Rühling, Yannick Schimek
Annkatrin Böhm, Sabine Berg, Josephin Hönicke, Sissy Schmidt,
Trainerin: Katarina Berg
Delegationsleiterin: Maud Kessler
Sonstige Begleiter: Werner Schimek, Gerhard Schwierz
Nach ziemlich genau 10 Stunden Flugzeit wurde nach einem ruhigen Flug in Shanghai gelandet.
Am Flugplatz warteten schon zwei chinesische Studentinnen, die unsere Truppe während der gesamten Weltmeisterschaft begleiten sollten.

Nach dem Verlassen des klimatisierten Flughafens schlug uns eine schwüle Wärme entgegen. Der Bus hatte sich ein wenig versteckt. Nach kurzem Suchen haben wir ihn mit unseren Begliterinnen doch gefunden. Wir fanden schnell heraus, dass ein Zebrastreifen keinesfalls ein sicheres Überqueren der Straße garantiert. Wir hatten eher das Gefühl, dass mit einem Zebrastreifen den Autofahrern die Jagd auf Fußgänger erleichtert werden soll. Also Vorsicht. In der Stadt sollten wir merken, dass die Fußgänger sogar bei grüner Ampel nicht sicher sind. Abbiegende Autos, Mofa- und Radfahrer nehmen die Jagd auf. Es gilt das Recht des Stärkeren und schnell sein ist alles.

Nach drei Stunden Busfahrt über einen überfüllten Highway mit stockendem Verkehr, trotz 3 Hauptspuren und bei Kreuzen 3 Abbiegespuren, suchte sich unser Busfahrer hupend den Weg. Natürlich war der Bus zu klein für uns und unser Gepäck. Den Vorschlag die Taschen am Flughafen zu lassen lehnten wir dankend ab und luden den Bus bis unter das Dach voll. Der ging ziemlich in die Knie!

An der Peripherie von Shanghai wurden die Autobahnen mehrstöckig. Vier Stockwerke haben wir an verschiedenen Kreuzungen gezählt. Es soll jedoch auch solche mit 6 Stockwerken geben. Teilweise läuft die Autobahn parallel zur Magnetbahn mit dem deutschen Transrapid. Wir konnten einen kurzen Blick auf eine vorbeihuschende Bahn ergattern.

Unser Hotel „Sanyuan“ an der People’s Road hat einen guten Standard. Die Kommunikation auf Englisch stellte sich als schwierig heraus. Hier halfen uns jedoch mit großer Geduld unsere chinesischen Englischstudentinnen. Das Einchecken ins Hotel und auch das Geldwechseln lief sehr bürokratisch ab. Man stempelt gerne und häufig. Vor dem Abendessen konnten sich die Sportler in der Nähe des Hotels noch kurz die Beine vertreten. Nach dem Abendessen, das es immer um 19.00 Uhr geben soll, war ein gemeinsamer Abendspaziergang angesagt. Dabei wurde auch der erste Bedarf an Wasser und Säften gedeckt.

Überraschenderweise dämmert es bereits gegen 18.30 Uhr und um 19.00 Uhr ist es dunkel. Wenige hundert Meter vom Hotel beginnt das moderne SuZhou mit großzügigen Fußgängerzonen, bunter asiatischer Leuchtreklame und Lärm von den Fahrzeugen, von den Menschen und oft schriller Musik. Müde von der langen Anreise und beeindruckt von den fremden Bildern gingen wir nach „Hause“ in unser Hotel.

Samstag, 20. August 
Heute sollte um 8.00 Uhr das erste Training an der Bahn stattfinden. Das heißt auch für die nächsten Tage aufstehen um 6.00 Uhr, Frühstück um 6.30 Uhr, Abfahrt um 7.00 Uhr. Das frühe Aufstehen schafften auch alle – bis auf Michael Rühling und Etienne Ramali. Sie erschienen nicht zum Frühstück. Kurz vor der Abfahrt machte sich Katha auf den Weg um nach Ihnen zu schauen und sie über unsere Abfahrt zu informieren. Es wurde schon vermutet, dass sie beim Handy, das sie als Wecker benutzen wollten, die Zeit nicht umgestellt haben. Stimmte nicht. Das Handy war einfach zu leise um sie aus dem Tiefschlaf wecken zu können. Also machte sich der Rest der Truppe in den Bus um wegzufahren. Der Bus schaffte es nicht den Hotelparkplatz über den engen Weg wieder zu verlassen über den er gekommen war. Neben einem Bus stand auch noch ein PKW im Weg. Der PKW konnte mit 4 Starken Jungs, darunter Bill Begg, zur Seite gehievt werden. Bei dem Bus war das nicht möglich. So musste der Busfahrer gesucht und geweckt werden. Bis der endlich da war, ist eine glatte halbe Stunde vergangen und die Langschläfer konnten ebenfalls noch zusteigen um das erste Training zu genießen und die Bahn kennen zu lernen.

Nach 15 Minuten Fahrtzeit erreicht der Bus die Bahn. Es ist eine 200m Bahn mit rotem Belag ohne Kurvenerhöhung, total flach. Der Belag ist zwar so rot aber nicht so griffig wie auf der JEM in Pamplona und in Cardano al Campo. Erstes Aufwärmen auf Rollen ist angesagt. Wie ist die Bahn zu fahren, welche Rollen wie ist die optimale Linie? Fragen auf welche die nächsten Trainingseinheiten Antwort geben sollen. Nach einer Stunde wird die erste Einheit abgepfiffen und wir fahren zurück. Die Zeit bis zum Mittagessen steht zur freien Verfügung.

Wie zu erwarten entsprach das Mittagessen nicht den Erwartungen der Leistungssporttreibenden. Kohlehydrate enthaltende Nudeln wurden nur spärlich serviert. Der obligatorische Reis war mit stark gewürztem Gemüse vermischt, was nicht jeder so mochte. Wir versuchten mit gestikulierendem Englisch die Bestellung für das Abendessen und die kommenden Tage aufzugeben. Dabei wurde auch versucht das Frühstück, das aus warmem Gemüse, warmer Milch, gebackenen Eiern mit Gemüse vermischt und wenig Toastbrot bestand auch umzubestellen.

Am Nachmittag wurde von Maud und Werner im nahe liegenden Carrefour, einer französischen Supermarktkette, eingekauft. Wasser, Obst, einige Kekse, Nutella (gab’s leider nur in 50g Tuben), Müsli, Honig und Fruchtsaft standen auf dem Einkaufzettel.

Nach dem Nachmittagstraining, an welchem die Bahn schon etwas stärker ausgetestet wurde, fuhr die Truppe mit öffentlichen Verkehrsmitteln Richtung Altstadt um einen der berühmten Gärten von SuZhou zu besichtigen. Die Fahrt in den überfüllten Bussen ist wenig komfortabel, aber sehr preiswert. Für umgerechnet 30 Cent kamen wir ans Ziel. Leider waren wir zu spät dran. Für die Besichtigung des Gartens standen gerade noch 30 Minuten zur Verfügung. So beschlossen wir den ersten Teil des Rückweges zu Fuß zu machen. Einige setzten sich nach Rücksprache ab und fuhren ein Stück des Weges mit zwei Rikschen zurück.
Wir anderen kamen an einer Bootsanlegestelle vorbei. Spontan beschlossen wir noch einen kleinen Ausflug auf einem engen Kanal mit einer dunkelbraunen Brühe zu unternehmen. Auch das gehört zu dieser Stadt. Die Kanäle in Venedig riechen auch nicht besser. Vorbei ging es an alten Häusern, man war versucht zu sagen Ruinen. Doch hier spielt sich das Leben der Vororte mit dem ärmeren Teil der Bevölkerung ab. Hier wird das Brauchwasser genommen, Wäsche gewaschen, geputzt usw., wie man es aus Dokumentarfilmen her kennt.
Das war für die Sportler beeindruckend. Hier kommen möglicherweise Sportler her mit denen sie sich später auf der Bahn in sportlichem Wettkampf messen. Zumindest haben diese Sportler jedoch Bekannte, die in solchen Verhältnissen wohnen.
Das Abendessen entsprach noch nicht ganz den Erwartungen der Sportler. Mit Hilfe unserer Dolmetscherin versuchten wir die Weichen für die nächsten Tage zu stellen.
Bettruhe war für 22.00 Uhr angesagt. Das sind dann rein rechnerisch 8 Stunden Schlaf.

Sonntag, 21. August 2005 
Aufstehen um 6.00 Uhr. Das macht auch Sinn, weil die Wettkämpfe in wenigen Tagen auch sehr früh beginnen werden.
Die Umbestellung der warmen Milch in kalte ist fehlgeschlagen. In der Milch schwammen Eiswürfel. Da hier bestimmt Leitungswasser verwendet wurde, wurde der „Genuss“ untersagt. Einer der Sportler glaubte, dass bei der Diskussion um die warme Milch das Wort „frozen“ gefallen sei.
Nach und nach kam dann das Toastbrot, Butter und Marmelade. Das Frühstück beginnt offiziell um 7.00 Uhr. Wir sind um 6.30 Uhr einfach zu früh dran. Wegen der frühen Trainingszeit und des ab dem 26. frühen Wettkampfbeginns müssen wir uns noch etwas einfallen lassen.
Beim Training werden heute die ersten Sprinttests durchgeführt. Die Zeiten sind noch nicht so berauschend. Besondere Probleme bereitet noch die richtige Rollenmischung. Aber auch das werden die Sportler noch in den Griff bekommen.
Nach dem Training steht ab 10.00 Uhr noch einmal Kultur auf dem Programm.
Wir gehen zu Fuß zu dem nahe gelegenen „Garten der Harmonie“.
Es ist Sonntag. Auf dem Weg dorthin sind Bauarbeiter am Werken, Straßen- und Kanalbauer arbeiten und reparieren. Die Banken haben geöffnet. Es gibt keinen allgemeinen Ruhetag.
Der „Garten der Harmonie“ ist ein kleinerer chinesischer Garten mit chinesischen Pavillons, Steinformationen und einem idyllischen Teich. Es finden Führungen verschiedener chinesischer Reisegruppen statt. Zur Information werden kleine, am Körper getragene, Megafone verwendet. Es ist auch hier laut. Ach wenn wir nur chinesisch verstehen würden, dann wäre uns einiges von der Symbolik, die in diesem Garten verbaut ist, klarer und wir würden die Sprache der Steine und der Zeichen besser verstehen. So ließen wir die Eindrücke auf uns einwirken und wir gingen nach einem schönen Spaziergang im Garten in unser Hotel zurück.

Zum Mittagessen haben wir Besuch bekommen, europäischen Besuch. Die Holländer sind da. Bekannte Gesichter in einer fremden Welt. Nach dem Mittagtraining machte der Bus einen Stopp beim unserem Supermarkt Carrefour und die gesamte Mannschaft kaufte noch einmal ein. Nach dem Abendessen findet in einem Sportlerzimmer eine – gesunde – Obstparty statt. Um 22.00 Uhr geht’s ins Bett.

Montag, 22. August 
Heute Vormittag ist kein Training angesagt.
Es kann ausgeschlafen werden.
Während die Junioren, jeweils ausgestattet mit 2 Litern Wasser, einer Banane und Oreo-Keksen, gemeinsam mit Katha und Maud mit dem öffentlichen Bus in die Stadt fahren, bleiben die Aktiven unter der Leitung von Bill Begg im Bett und schlafen erst einmal noch länger aus.
Die Oreo-Kekse gaben unseren Junioren auch schon in Italien die für das Skaten notwendige Kraft.
Wie immer war der Bus nicht nur voll sondern übervoll. Aber wir können uns ja durchsetzen und kommen alle noch unter. Positionskämpfe im Bus, auch ein Training.
An der Kreuzung mit dem 6-stöckigen Pagodentempel wurde ausgestiegen. Diesen wollten wir beim Heimgehen noch unter die Lupe nehmen.
Die letzten 800 m wurden mit Rikschas gefahren. Nur Katha wollte sich nicht setzen und lief den Fahrrädern voraus.
Wichtig wie immer den Preis zuvor aushandeln! Für 5 Yuan, umgerechnet weniger als 50 Cent pro Person wurde gefahren.
Unser Ziel war der „Garten des Bescheidenen Beamten“, ein sehr bekannter und typischer Garten aus der Ming Dynastie. Gebaut wurde er um 1513.
Die gestalterische Vielfalt begeisterte die Truppe und so wurde geklettert, für Fotos in Boote gestiegen, geschaut, gestaunt, Andenken gekauft, Wasser getrunken und Pausen eingelegt. Zwei bunte und abwechslungsreiche Stunden im Garten in dem Blumen nicht dominieren.
Es war vereinbart, dass jeder seine 2-Literflasche bis zur Rückfahrt auszutrinken hat.
Zwischendurch wurde immer wieder über die bevorstehenden Weltmeisterschaft diskutiert.
Den Weg bis zur Pagode wurde selbstständig in Gruppen zurück gelegt.
Einige liefen den Weg, andere ließen sich noch einmal mit der Rikscha fahren.
Katha hat versprochen bei der nächsten Gelegenheit auch Rikscha zu fahren, jedoch nicht sich fahren zu lassen sondern selbst zu fahren. Das heißt, sie bezahlt und fährt den Besitzer der Rikscha und noch jemanden aus der Mannschaft durch die Straßen. Das wird das Erlebnis für den Rikschabesitzer.
Hoffentlich haben wir dann alle die Kameras mit!!!
Die Pagode steht in einer Anlage mit einem Buddatempel und verschiedenen Altären an denen Räucherstäbe geopfert werden.
Eine Frau mit einem dicken Bündel voller Räucherstäbe mühte sich diese anzuzünden. Die Sportler raunten einander zu: Die muss aber viel angestellt haben, wenn Sie solche dicken Bündel Stäbchen opfert.
Leider wurde die Pagode gerade umgebaut und war komplett geschlossen.
Es war ohnehin kurz vor Mittag. So machten wir uns auf den Weg ins Hotel.
Das Mittagessen entspricht jetzt immer mehr den besonderen Wünschen der Sportler nach mehr weißem Reis und Nudeln mit Fleisch und Gemüse. Auch geschmacklich ist es unserem europäischen Gaumen entsprechend.
Trotzdem wurde bei einigen Aktiven immer wieder der Wunsch nach Mac Donalds und ähnlichem laut. Was hat man denn in der Zeit vor Mac Donalds und Cola gegessen und getrunken???
Während des Vormittags haben Nico, Matthias und Martin bereits den Straßenkurs getestet.
Am Nachmittag ist Training angesagt. Wir teilen uns den Bus, der uns zur Bahn bringt, ab heute mit den Holländern, die gestern Vormittag angereist sind.
Langsam spürt man die Spannung vor der in drei Tagen beginnenden Meisterschaft aufkommen.
Schwierigkeiten bereitet die Auswahl des richtigen Rollenmaterials bzw. der richtigen Mischung und Zusammensatzung der Rollen.
Hier zeigt sich die tolle Stimmung und der Zusammenhalt bei den Junioren. Jeder tauscht mit jedem die Rollen zum Testen.
Das nächste Problem wenn man endlich die optimale Mischung gefunden hat: Habe ich überhaupt genug entsprechende Rollen dabei?
Damit scheinen die anderen Nationen wie Frankreich auch noch Probleme zu haben.
Überall sieht man die Sportler Laufen, Rollenwechsel, Laufen, Mischung verändern, Laufen.
Die Bahn ist einfach glatt und flach, ohne Kurvenerhöhung und es gelingt kaum auf der Ideallinie und mit vollem Speed zu fahren.
Zum Ende des Trainings fängt es zum ersten Mal seit wir hier sind leicht zu nieseln an. Inliner aus, Rollenkoffer zu, Schluss für heute.
Auch die Begleiter wie Gerhard Schwierz und Werner Schimek leisten während des Trainings Schwerstarbeit. Immer wieder werden sie an der Piste von Chinesen angesprochen die wissen wollen wo wir herkommen.
Das Schulsystem in Deutschland, die Ausbildung, das Studium, die Wirtschaft in Deutschland, was man arbeitet, welche Sprachen spricht man dort, wie kann man Nachbarstaaten besuchen; was kostet der Flug hierher, wie viel Urlaub hat man in Deutschland, wie viele Kinder man hat, wie alt diese sind, das ist nur ein kleiner Auszug der großen Palette. Bereitwillig und stolz wird auch von der modernen Stadt SuZhou erzählt. Besonders ist man auf die High-Tech-Industrie stolz, die in SuZhou boomt und vielen Menschen aus der Provinz Arbeit bietet.
Es ist jedoch nicht ganz einfach das chinesische Englisch zu verstehen, wahrscheinlich geht es den Gesprächspartnern genau so, wenn sie das deutsche Englisch hören.
Im Bus gibt es genug Gesprächsstoff über das optimale Material.
Frühe Bettruhe ist angesagt, weil morgen um 6.30 Uhr das Frühstück eingenommen werden soll.

Dienstag, 23. August 2005 
Heute hieß es wieder früh aufstehen. Um 6.30 Uhr gibt es Frühstück.
Das ist nicht nur für uns sehr früh. Scheinbar hat auch das Personal damit Probleme.
Nur schleppend wird die Verpflegung aufgebaut. Jetzt sind neben den Holländern auch noch die Kanadier im Hotel eingetroffen. Deren Mannschaft ist allerdings nicht so groß wie unsere und die der Holländer. Sie fahren auch nicht in unserem Bus zum Training. Der ist mit uns und den Holländern und dem Gepäck gut gefüllt.
Nach dem Aufwärmen war Staffeltraining angesagt.
Auch hier mussten sich alle mit den Besonderheiten dieser Bahn vertraut machen. Es ist nur sehr schwer möglich einen Wechsel weit innen zu laufen. Der Abschiebende kann bei hoher Geschwindigkeit die Innenbahn kaum halten. Sein Partner muss neben der richtigen Platzierung auf der Bahn auch besonders darauf achten, dass die Anlaufgeschwindigkeit stimmt. Man beschleunigt bei diesem Belag sehr leicht und schnell und es besteht die Gefahr des Überwechselns.
Jedoch das Timing passt immer besser.
Nach und nach kommen die Sportler auch besser mit der Bahn zurecht. Die anfänglichen Probleme, die zu Beginn immer wieder auf das Rollenmaterial geschoben wurde, werden zusehends geringer. Die Schwierigkeiten bestanden zum großen Teil an der besonderen Geometrie der Bahn und dem Belag. Die werden die Jungs und Mädchen schon bis Donnerstag in den Griff oder auch unter die Rollen bekommen.
Nach dem Training war die Zeit zur freien Verfügung.
Am Nachmittag gab es noch einmal lockeres Training zum letzten Rollen- und Bahntest. Danach war bei den meisten Waschen der Trikots angesagt. Die sehr hohe Luftfeuchtigkeit lässt beim Training den Schweiß in Strömen fließen. So hat die Wäschepflege durchaus seine Berechtigung.
Ich wollte heute Postkarten wegschicken und Briefmarken kaufen und ließ daher das Nachmittagstraining ausfallen und machte mein Training, wie gewohnt zu Fuß.
Beladen mit 15 Postkarten, die Yannick geschrieben hat, machte ich mich auf den Weg. Die „Post of China“ war 3 Bushaltestellen entfernt. Ich nahm den Bus mit einer Schneeflocke vor der Liniennummer. Das ist dann ein Bus mit Klimaanlage. Er kostet zwar das doppelte (2 Yuan => ca. 20 ct.) von einem Bus ohne Klimaanlage. Er ist jedoch sehr viel angenehmer, wenn die Anlage funktioniert. In diesem Fall funktionierte sie nicht. Na ja, Pech gehabt. Wenn man aussteigt ist es ohnehin wieder schwül. So bleibt man in der Gewöhnung.
Vor dem Versenden der Post musste ich jedoch noch Geld tauschen. Kein Problem, dachte ich, bei den vielen Banken. Die erste Bank, die ich ansteuerte, war eine landwirtschaftliche Genossenschaftsbank. Keiner sprach Englisch. Als ich meine Dollars zeigte hob die Beamtin die Hände und schüttelte den Kopf. Nichts zu machen, keine weitere Information zu erhalten.
Nicht weit entfernt war eine Commerzbank. Das gleiche Spiel noch einmal. Das gleiche Ergebnis noch einmal. Ein junger Mann, der das Spiel beobachtete, erklärte mir dann in leidlichem Englisch, dass nur die Bank of China Geld wechselt. Er konnte mir sogar lächelnd den Weg erklären.
Dort angekommen erwartete mich eine große Menschentraube. Ich stellte mich zu einer Gruppe hinzu und wartete. Die Bank hatte acht Schalter die auch in Englisch beschriftet waren. Nach kurzer Zeit kam eine Angestellte und fragte mich was ich wollte.
Sie ging dann mit mir zu einem Automaten an dem nach dem Bedienen eines Displays mit ausschließlich chinesischen Schriftzeichen einen Zettel mit einer Nummer ausgespuckt wurde. Diesen gab sie mir und erklärte, dass irgendwann an einem Schalter diese Nummer erscheinen wird. Dort könnte ich dann mein Geld wechseln.
Nach einer mir endlos erscheinenden Zeit, innerhalb welcher ich noch einmal meine freundliche Angestellte fragte ob ich vergessen worden sei, erschien dann endlich meine Nummer.
Das Wechseln von Geld hat einen hochoffiziellen Charakter. Nach Einzahlen des Geldes, das sehr intensiv geprüft wurde, und Vorlage des Ausweises wird ein Vierfachformular ausgefüllt. Jeder Durchschlag erhält 2 Stempelaufdrucke. Der erste Stempel kommt auf jedes Formular. Der zweite Aufdruck wird mit vier verschiedenen Stempeln durchgeführt. Jeder hat eine andere Form, von rund über oval bis viereckig.
Dann kommt es endlich zur Auszahlung und ich habe meine ersehnten Yuan in der Hand.
Nun geht’s weiter zur Post of China. Ich gebe die Karten ab und bestelle auf Englisch noch 20 Briefmarken. Freundlich lächelnd schaute mich der Beamte an. Mir war sofort klar, dass er mich nicht verstanden hat. Tatsächlich zeigte er mir mit seinem Tischrechner was ich für die Postkarten zu zahlen habe.
Ich will es einfach machen und bezahle erst einmal. Dann bestelle ich noch mal schriftlich 20 weitere Marken. Der Beamte lächelt mich an sucht in seinen Schränken und überreicht mir stolz weitere 8 Briefmarken. Mit Hilfe eines jungen Kunden, der ein wenig englisch spricht, wird mir klar, dass es sich um die einzigen Marken handelt, die derzeit noch zu kaufen sind. Vielleicht gibt es heute Nachmittag wieder neue.
Maud und Katha haben heute ein Geschäft ausfindig gemacht, in dem sie für die gesamte Mannschaft kurze Hosen kaufen wollen.
Am Nachmittag passiert etwas womit eigentlich keiner mehr so recht gerechnet hat.
Seit unserer Ankunft war nur für ganz kurze Zeit ein Stück blauer Himmel zu sehen. Er war immer bedeckt und schwül, die Luft war schwer.
Es beginnt leicht zu nieseln. Bis zum Abend hat es sich eingeregnet. Wir hoffen auf den nächsten Morgen und dann auch schöneres Wetter.
Morgen ist auch der letzte Tag vor dem Beginn der Meisterschaften und trainingsfrei.
So könnte es sich noch ausregnen.
Wir gehen davon aus, dass bei nasser Piste nicht gefahren werden kann.
Für heute Nacht wird Christina erwartet, die bei dieser Meisterschaft die physiotherapeuthische Betreuung übernehmen wird.

Mittwoch, 24. August 2005 
Christina ist tatsächlich noch heute Nacht bei strömendem Regen angekommen.
Sie ist in den letzten 14 Tagen bestimmt einmal um die Welt geflogen, Sonntag vor einer Woche von Frankfurt nach Melbourne und weiter nach Christ Church in Neuseeland um für 1 Jahr auszuwandern, Vorgestern von Christ Curch nach Oakland, weiter noch Hongkong und von dort weiter nach Shanghai. Trotzdem hat sie sich heute schon der Gruppe angeschlossen und war mit unterwegs.
Die Mannschaft durfte heute noch ein wenig länger schlafen. Frühstück war um 8.30 Uhr angesagt.
Der Regen hat aufgehört und es hat etwas abgekühlt. Auch die Schwüle ist geringer geworden.
Beim Frühstück klappt das mit der Milch nicht so wie wir es gerne hätten. Sie wird in einem großen Behälter zentral angeboten und ist wie immer warm. Wir sind nicht alleine im Hotel und anscheinend ist es hier üblich morgens warme Milch zu trinken.
Also wurde bereits beim letzten Versorgungszug im Carrefour auch haltbare Milch eingekauft. Die gibt’s zum Frühstück. Dazu Toastbrot und süße Brötchen aus Hefeteig in ausreichender Menge. Dazu selbst gekaufter Honig, Nutella aus der Tube und Müsli in 3 Variationen. Das hierzulande übliche Frühstück, zu dem neben verschiedenem warmem Gemüse Fleischbällchen und Reisbällchen in Hefeteig sowie Hefeteigklößchen und eine Art Eierstich in Brühe, aber auch Scheiben von Wassermelonen am Büffet angeboten werden, entspricht nicht dem europäischen Geschmack und wird von den Sportlern kaum angenommen.
Für alle die wollen steht heute Vormittag noch einmal ein Ausflug auf dem Programm. Dieses Angebot wurde auch von den meisten Junioren angenommen. Also drängten wir uns wieder für 1 Yuan in den Bus ohne Schneeflocke. Nach zwei Stationen stiegen wir aus und gingen die Querstraße „Xizhongshi Street“ in die Richtung in der wir nach unserem Stadtplan das Seideninstitut vermuteten.
Nach wenigen Metern in dieser Straße kamen wir auf einem lang gezogenen Markt mit Schrauben, Verschraubungen, Manometer, Pumpen, Schläuchen, Drähten, kurz alles was ein Maschinenbauer, Sanitärhandwerker, Installateur oder ähnlich benötigt. Beidseitig waren solche Läden, bestimmt 100 an der Zahl. Sie waren nur 4 bis 5m breit und ebenso tief. Zum Verkauf war die gesamte Frontseite offen und das Material lagerte teilweise noch auf dem Gehweg. Gerhard Schwierz als Maschinenbauer schlug das Herz höher.
Doch weiter zur Suche nach unserem Seideninstitut, dem eigentlichen Zweck unserer Reise. Wir suchten, fragten und fragten. Kaum einer sprach englisch und wenn doch, dann war es ein englisch das trotz einfacher Vokabeln nicht zu verstehen war. Besondere Probleme bestanden in der Tatsache, dass die meisten Chinesen einfach kein „r“ sprechen können. Das kann sich mal wie ein „l“ oder ein „a“ anhören. Vielleicht ging es den Chinesen mit unserem Englisch genau so.
Eine Chinesin hielt sogar mit ihrem Auto in einer engen Seitengasse und versuchte uns den Weg zu erklären. Wie sich später am Nachmittag herausstellte hatte sie uns den Weg sogar korrekt beschrieben: „near by a hospital in the next street left“.
Wir fanden leicht das Krankenhaus und suchten. Wir fragten Leute auf der Straße und in Geschäften. Keiner verstand etwas.
Also gingen wir weiter zu unserem nächsten Ziel, dem Seidenmuseum von SuZhou.
Am Nachmittag fuhren noch einmal einige mit dem Taxi zu dem Seideninstitut, nachdem sie sich den Namen auf Chinesisch hatten aufschreiben lassen.
Und siehe da, wir standen am Vormittag direkt vor dem Tor und es war kein Hinweis in Englisch vorhanden, an dem wir das Institut hätten erkennen können. Chinesisch müsste man können, zumindest lesen können.
Das Seidenmuseum, das wir am Vormittag besuchten, ist übrigens das erste in China und wurde erst im September 1991 gebaut und eröffnet, so ein Führer des Museums.
Es zeigt historische Funde von Seidenstoffen und Kleidern.
Gezeigt wurde mit Modellen wie die Seidenraupen gezüchtet werden. Produkte aus Seide aus der heutigen und besonders auch aus der historischen Zeit waren ausgestellt. Besonders interessant war die Seidenweberei in der man uns zeigte wie die feinen Seidenfäden zu tollen Mustern versponnen werden. Wir blickten nicht durch wann welche Fäden nach oben gezogen wurden um das Schiffchen zwischen den Fäden hindurch zu schießen. Es war einfach nur verwirrend. Das Ergebnis war eine toll gewobene Decke. Natürlich gab es auch Verkaufsräume in denen man von der Seidenbettdecke und der Seidentischdecke (bis zu 1500 Euro das Stück) alle möglichen Kleider kaufen konnte. Es gab die traditionelle chinesische Kleidung bis zur westlich geschnittenen Kleidung.
In der Stadt ist zu erkennen welchen Stellenwert die westliche Mode hat. Es gibt riesige (teure) Kaufhäuser in denen alle westlichen Marken zu kaufen sind. Hier sind auch nur fein gekleidete Chinesinnen zu finden. Jedes Kaufhaus, auch die fürs gemeine Volk, hat eine gesamte Etage nur mit Damenschuhen eingerichtet. Meist ist es das Erdgeschoss. Bei den größeren Kaufhäusern dürfte diese Fläche mindestens 500 bis 700m² betragen.
Doch zurück zum Museum. Sissy, Annka und Josi haben sich gewagt und ein traditionelles chinesisches Kleid angezogen. Sie standen ihnen toll und Sissy und Annka wären bestimmt als blonde chinesische Attraktionen bestaunt worden. Wenn sie ein Kleid gekauft haben, dann taten sie es heimlich. Wir haben nichts davon gemerkt.
Heute Mittag war noch einmal lockeres Training angesagt. Matze Knoll war auch schon mit einem Verkaufsstand da. So konnten einige noch Rollen ordern. Die gelben Matter lassen sich ganz gut auf der Piste fahren, so die Sportler.
Heute Abend ist Kleiderausgabe der neuen Shorts, die gestern in einem chinesischen Laden bestellt wurden.
Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei meiner Frau Elisabeth und bei Karel und Laethisia bedanken, die sofort zugestimmt haben, dass ich mit nach China fahren konnte.