21.10.2005 Benjamin Zschätzsch hängt die Skates nach 20 Wettkampfjahren endgültig an den Nagel

(benno zschätzsch). Sechzehn Europameisterschafts-Medaillen und achtundzwanzig deutsche Meistertitel hat er gesammmelt. Mehr werden es nicht, denn nach 20 Wettkampfjahren ist nun endgültig Schluss: Benjamin Zschätzsch, Nr. 1 der deutschen Speedskater, hängt seine Skates an den Nagel und zieht sich aus der aktiven Wettkampfszene zurück.

Es begann am 29. März 1986: Als damals knapp 7-jähriger siegte er gleich bei seinem ersten Start, den Hessenmeisterschaften in der Halle des Landesleistungszentrums in Darmstadt. Damals lief er natürlich noch auf klassischen Rollschuhen, auf die schnelleren Inline Skates wechselte er 1994. Seither hat er in seiner langen sportlichen Karriere an 365 Wettkämpfen in 17 verschiedenen Ländern teilgenommen. Sein letztes Rennen bestreitet der Groß-Gerauer beim Frankfurt-Inline-Marathon am 30.10.2005.

Damit geht eine außergewöhnliche Sportlerkarriere zu Ende. Zschätzsch hält mit 16 Europameisterschaftsmedaillen und 13 Junioren-Europameisterschaftsmedaillen die Rekordmarken unter den (männlichen) deutschen Skatern. Er wurde zweimal Junioren-Europameister, er war sogar, zusammen mit den Groß-Gerauern Thorn Surakul und Christoph Zschätzsch, der erste deutsche Junioren-Europameister überhaupt, das war 1992 mit der Pisten-Staffel im portugiesischen Serpa, damals noch mit klassischen Rollschuhen.

Benjamin Zschätzsch markierte, zusammen mit seinen Brüdern Christoph und Daniel, die deutsche Leistungsspitze. Sein Rücktritt ist keine Überraschung, denn aus dem Nationalteam zog er sich schon Ende 2004 zurück, Grund war die zunehmende Belastung aus dem Studium.

Mit seinem Rücktritt geht auch eine beispiellose Teamsport-Ära zu Ende. Ähnlich wie im Radsport spielt mannschaftsdienliches Fahren auch bei den Skatern eine enorm wichtige Rolle, vor allem auf den Langstrecken. In dieser Disziplin war die Zusammenarbeit der drei Zschätzsch-Brüder Christoph, Benjamin und Daniel legendär, dieser Teamgeist ist bis heute unübertroffen. „Uns ist egal wer gewinnt, Hauptsache er heißt Zschätzsch“: Nach diesem Leitmotiv ging das Trio in die Rennen, und das brachte auch außergewöhnliche sportliche Erfolge.

Benjamin Zschätzsch war der ideale Teamplayer in diesem Trio, er hat aber auch Führungsqualitäten in den Sport eingebracht. Beim gemeinsamen Training hat er, auch in der Funktion als „Läufer-Trainer“, junge Talente seines Heimatvereins Blau-Gelb Groß-Gerau mit aufgebaut, wie Pascal und Etienne Ramali, Robert Hirsch, Boris Hahn, Yannick und Karel Schimek.

Benjamin Zschätzsch dominierte zusammen mit seinen Brüdern Christoph und Daniel das deutsche Speedskating seit dem Jahr 1996. Nach dem Rücktritt von Christoph Zschätzsch führte er diese Spitzenstelleung ab 2004 zu Zweit mit seinem Bruder Daniel fort. So holten Benjamin und Daniel Zschätzsch z.B. in 2005 zusammen 13 (von 16 möglichen) DM-Medaillen, in 2004 zusammen 14 (von 17 möglichen) DM-Medaillen, in 2003 zu Dritt zusammen 19 und in 2002 zusammen 20 (von jeweils 26 möglichen) DM-Medaillen ! Für andere war da nur auf den Sprintstrecken etwas zu holen.

Benjamin Zschätzsch errang zusammen mit seinen Brüdern Christoph und Daniel seit 1998 mit absoluter Regelmäßigkeit jedes Jahr sieben deutsche Meistertitel, nur in 2005 wichen die Zschätzsch-Brüder mit sechs Titeln nach unten ab, in 2004 waren es dafür aber sogar deren acht. Das sind fast 80 % aller deutschen Herren-Titel in diesem Zeitraum, und dazu kamen noch weitere 44 Silber- und 28 Bronzemedaillen bei deutschen Titelkämpfen. Benjamin Zschätzsch hat seit 1995 28 Deutsche Meistertitel gesammelt, sein Bruder Christoph brachte es ebenfalls auf 28, Daniel Zschätzsch bisher auf 18 Titel.

Deutschlands Top-Skater wird sich fortan noch stärker auf sein Studium konzentrieren, was bisher wegen der vielfältigen zeitlichen Verpflichtungen aus Training und Wettkampf-Teilnahmen zu kurz kam. Ob er künftig etwas vermissen wird ? „Nach zwanzig Jahren, in denen das Leben komplett auf den Leistungssport ausgerichtet ist, habe ich nicht das Gefühl dass mir künftig etwas fehlen wird“ stellt er klar.

Sein Abschied ist aber nicht als Entscheidung gegen den Sport zu verstehen, denn Benjamin Zschätzsch hat bereits die C-Trainer-Lizenz für Inline Speedskating erworben.

Wer ist nun nach dem Ausscheiden von Benjamin Zschätzsch die neue Nr. 1 im deutschen Speedskating? Auch er heißt wieder Zschätzsch, denn sein jüngerer Bruder Daniel hat ihn schon im September an der Spitze der offiziellen deutschen Rangliste abgelöst.